- Physiknobelpreis 1953: Frits Zernike
- Physiknobelpreis 1953: Frits ZernikeDer Niederländer erhielt den Nobelpreis für die von ihm angegebene Phasenkontrastmethode, insbesondere für seine Erfindung des Phasenkontrastes in der Mikroskopie.Frits (Frederik) Zernike, * Amsterdam 16. 7. 1888, ✝ Nardeen (Niederlande) 10. 3. 1966; ab 1920 Professor in Groningen. Arbeitete über statistische Mechanik, insbesondere zur Brown'schen Molekularbewegung und über die Beugung elektromagnetischer Wellen.Würdigung der preisgekrönten LeistungFrits Zernike arbeitete an der Optik astronomischer Fernrohre und der Röntgenstreuung in Flüssigkeiten. Bei der Forschung am Beugungsgitter entdeckte er die Phasenkontrastmethode, auf deren Grundlage er 1932 das Phasenkontrastmikroskop entwickelte.Zernikes Entdeckung fällt in eine Zeit, die wesentlich von der Atom- und Nuklearphysik geprägt war. Die Optik galt Anfang der 1930er-Jahre als ein weitgehend erforschtes Gebiet. Das Verhalten des sichtbaren Lichts, seine Streuung und Beugung an kleinen Partikeln, wie sie auch in lebenden Zellen vorkommen, war lange bekannt. Über kaum ein anderes Instrument sind mehr technische und theoretische Studien erstellt worden. Die Bedeutung der Offenbarung des Mikrokosmos durch das Mikroskop vor allem für die Biologie und Medizin ist kaum zu überschätzen. Dennoch galt die Entwicklung als abgeschlossen.Das Mikroskop hat viele VäterDer englische Universaldenker Roger Bacon hatte im 13. Jahrhundert die technische Möglichkeit eines Mikroskops vorausgesagt. 1538 machte der italienische Arzt Girolama Fracastero den ersten Vorschlag, wie zwei Linsen hintereinander anzuordnen seien. Als Erfinder des Mikroskops gilt jedoch der holländische Brillenmacher Zacharias Jansen, der um 1600 lebte. Die Technik des Instruments ist seitdem immer weiter verbessert worden. Ein wesentlicher Entwicklungsschritt war die Idee der Immersionslinse des italienischen Optikers Giovanni Battista Amici. Er entwickelte 1840 Immersionsobjektive aus mehreren Linsen, die die Lichtablenkung verhinderten. Der Optiker Edmund Hartnack, griff diese Idee auf und ersetzte 1859 den Luftspalt durch einen Tropfen Zedernöl. Das Licht wird dadurch stark gebrochen und seine Wellenlänge verkürzt, das Auflösungsvermögen entsprechend vergrößert.Die systematische Erforschung der mathematischen und physikalischen Grundgesetze der Optik setzte erst mit dem deutschen Physiker Ernst Abbe ein. Der Industrielle Carl Zeiss hatte ihn 1866 ermuntert, die Mikroskope seiner Zeiss-Werke für optische Erzeugnisse auf wissenschaftlicher Grundlage zu verbessern. Ab 1870 entstanden die weltberühmten Zeiss-Mikroskope mit überragender Bildqualität. Als der deutsche Chemiker Otto Schott optische Gläser erster Qualität beisteuerte, waren die Zeiss-Mikroskope nahezu vollkommen. Die Auflösung wurde von da an nur durch die Wellenlänge des sichtbaren Lichts begrenzt. Alle weiteren wesentlichen Erfindungen der Mikroskopie mit sichtbarem Licht gründen auf der Verwendung »manipulierten« Lichts, um spezielle Proben wie farblose Gesteinsdünnschliffe oder Kristalle optisch analysieren zu können.Viele lebende Zellen, ob Bakterien, Pilze oder menschliche Zellen, sind farblos und kontrastarm und zeigen deshalb nur sehr geringe Unterschiede in ihrer optischen Dichte. Auch die variantenreichen Färbemethoden und die verschiedenen Beleuchtungssysteme, wie zum Beispiel das Dunkelfeld, schafften keine wesentliche Verbesserung. Die Dunkelfeldbeleuchtung führte bei Detailuntersuchungen häufig zu Fehlinterpretationen. Das Lichtmikroskop schien an seine Grenzen gelangt zu sein, doch erst Zernike hat es vollendet.In seinem vollkommen schwarz ausgekleideten Labor entwickelte er die technisch komplizierte Phasenkontrastmethode. Sein Verfahren nutzt die Veränderungen der Amplitude und der Phase der Lichtwelle beim Durchgang durch biologische Strukturen. Grüne Chloroplasten pflanzlicher Zellen enthalten beispielsweise Pigmente, die bestimmte Anteile des Lichtspektrums absorbieren. Die entstehende Verkleinerung der Amplitude der Lichtwellen schwächt die Helligkeit und macht die Pigmente sichtbar. Bakterien, viele Zellorganellen und das Zytoplasma sind jedoch transparent. Sie haben keinen Einfluss auf die Amplitude einer Lichtwelle, beeinflussen das Licht jedoch durch ihre abweichende Brechungszahl. Wasser hat beispielsweise die Brechzahl 1,3, das Zytoplasma einer Zelle einen geringfügig höheren Brechungsindex von 1,35. Die höhere Brechzahl bremst die Lichtwelle. Beim Austritt aus der Struktur weist die Welle einen Gangunterschied auf, die Phase ist verschoben. Das kann auch durch unterschiedliche Dichten und Oberflächenstrukturen geschehen.Der Phasenkontrast macht Unsichtbares sichtbarDas menschliche Auge erkennt verschiedene Amplituden als Helligkeitsunterschiede, Phasendifferenzen kann es nicht unterscheiden. Das mikroskopische Bild entsteht durch Interferenz (Auslöschung) zwischen dem am Objekt gebeugten Licht und dem direkten Mikroskopierlicht, das weder in der Phase noch in der Amplitude verändert ist. Das Licht wird an den Strukturen des Objekts verschieden gebeugt, die Amplitude des im Auge ankommenden Lichtstrahls verringert sich entsprechend, Strukturen werden sichtbar. Die Informationen durch die entstandenen Phasenverschiebungen gehen aber verloren.Zernike gelang es nun, basierend auf den Theorien Abbes, mit einem genialen Kunstgriff die Phasendifferenzen in zusätzliche Amplitudendifferenzen zu verwandeln. Er trennte das direkte Mikroskopierlicht vom gebeugten Licht durch das Einführen einer Ringblende, bevor beide die Objektebene durchlaufen. Ehe sich die beiden Strahlengänge im Okular wieder vereinigen, richtete er die Phase des direkten mit der des gebeugten Lichts gleich. In der Praxis erreichte er das durch das Einführen eines Plättchens in die Objektivbrennebene. Auf dieses Plättchen hatte er ein Medium aufgedampft, das das Licht schwächt, also die Amplitude verringert, und gleichzeitig einen Phasenverzug um 90 Grad erzeugt. Durch Interferenz der verschiedenen Lichtanteile kommt es bei der Bildentstehung in der Zwischenbildebene im Mikroskop zur partiellen Löschung. Da der Belag sehr viel Licht absorbiert, erscheinen die Objekte dunkel und kontrastreich im hellen Umfeld.Der Erfolg kam verzögertDer Aufbau und die Handhabung eines Phasenkontrastmikroskops sind kompliziert und erfordern einige Übung. Als Zernike sein Mikroskop 1935 der Öffentlichkeit präsentierte war niemand begeistert. Sogar die für ihre Mikroskope weltberühmten Zeiss-Werke in Jena schätzten seine Erfindung zunächst negativ ein. Doch man besann sich eines besseren und baute 1936 gemeinsam mit Zernicke in Jena das erste Phasenkontrastmikroskop der Welt.U. Schulte
Universal-Lexikon. 2012.